Daheim mit Wein: Fünf interessante Dokumentarfilme zum Thema Wein

Daheim mit Wein: Fünf interessante Dokumentarfilme zum Thema Wein

Auch im Jahr 2021 werden grössere Degustationen, Reisen und gastronomische Erlebnisse leider nur erschwert oder teils noch gar nicht möglich sein.

Wir stellen deshalb fünf interessante Dokumentationen zum Thema Wein vor welche die Wartezeit (oder immerhin den dry January) überbrücken helfen sollen.

Die nachfolgende Liste umfasst nur Dokumentarfilme. Wer unbedingt einen Spielfilm als Tipp sucht dem sei der Klassiker Sideways (2004) ans Herz gelegt. Ein tragikomischer Film, der auch Nicht-Weintrinker gut unterhält und für Weinliebhaber zusätzlich einige versteckte Lacher (nicht nur zum Thema Merlot) und Feinheiten zwischen den Zeilen bereithält.

Nun aber zu den fünf Dokumentarfilm-Tipps (alphabetisch sortiert, keine Rangliste). Die letzte Empfehlung ist sogar eine Trilogie, zwei Filme gibt es somit als Bonus für lange Winterabende...

André - The Voice of Wine (2017). Zur Entstehungsgeschichte des US-amerikanischen und speziell des kalifornischen Weins werden selbst vielen Kennern eher Namen wie Mondavi oder Gallo einfallen als André Tchelistcheff. André who?
Wir wollen an dieser Stelle nur verraten dass im Film bekanntere Namen aus der Schauspiel- und Weinwelt wie Ralph Fiennes (als Erzähler), Steven Spurrier, Christian Mouiex, Michel Lafarge, Marchese Ludovico Antinori und Francis Ford Coppola auftreten um die historische Wichtigkeit von André für die gesamte heutige Weinwelt näher zu beleuchten.
Nicht zuletzt wegen Andrés direktem önologischem Einfluss auf das mittlerweile legendäre Judgement of Paris im Jahr 1976 ist der Film sehr interessant.
Leider ist die Doku trotz Fertigstellung im Jahr 2017 bisher nur an wenigen Festivals gezeigt worden. Seit Ende 2020 ist André immerhin online via Webseite der Filmemacher zu sehen für 20 USD (ein eher stolzer Preis, da es sich hierbei nur um eine Filmmiete handelt). Hoffentlich erhält die Doku eines Tages eine breitere Distribution - dies hätten der Film und die bis heute viel zu wenig beachtete Person André Tchelistcheff beide verdient.

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Mondovino (2004). (Es gibt auch eine gleichnamige Serie. Der hier besprochene Film ist ein Zusammenschnitt aus zehn einstündigen Episoden Mondovino. Für Schweizer Leser: Der Film hat nichts mit dem neueren gleichnamigen Weinclub von Coop zu tun). Mondovino bietet einen kritischen Blick auf globalisierten, industriell genormten Weingeschmack, "gemachte" Weine und den grossen Einfluss bekannter Weinkritiker wie Robert Parker. Handwerklich ist die recht abenteurliche Kameraführung des Films, da mit Handkameras und kleinem Budget gedreht wurde. Zur inhaltlichen Differenzierung bald zwei Jahrzehnte später sei angemerkt, dass Parkers Bewerterkollegen und Nachfolger beim Wine Advocate (WA) eine breite Palette von Weinstilen hoch bewerten und auch Parker selbst (mittlerweile?) filigranere Weine zu schätzen weiss (das sieht man exemplarisch etwa bei einem der letzten grossen WA-Auftritte Robert Parkers 2011.) Die Marke Robert Parker und "sein" WA sind seit Ende 2019 zudem fest in europäischer Hand (Verkauf an den französischen Guide Michelin). Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie wenn man die Kritik aus traditionellen Weinländern (vor allem aus der "Alten Welt") an Personen wie Robert Parker über die Jahre verfolgt hat, die vorliegende Doku Mondovino ist ein gutes Beispiel dafür. Dennoch bleibt Mondovino auch heute noch aktuell - nicht zuletzt weil das Thema möglichst naturbelassene Weine versus "gemachte" Weine ein Dauerbrenner bleibt.

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Red Obsession (2013). Die (in der Besprechung von Mondovino oben verlinkten) letzten grösseren Auftritte Robert Parkers im Rahmen seiner Tätigkeit für den Wine Advocate fanden 2011 in Asien statt. Es ging natürlich um Parkers Lieblingsregion Bordeaux, die Wahl des Kontinents war aus Marketinggründen ebenfalls naheliegend. Der australische Dokumentarfilm Red Obsession verbindet beide Themen: Chinas wachsenden Durst auf Bordeaux-Weine. Allgemeiner sind Wein im Zeitalter der Globalisierung und Wein als neues Statussymbol in Asien zentrale Themen von Red Obsession. Ein interessanter Film zu Chinas steigendem Einfluss auf die Welt (des Weins) am Beispiel der Traditionsregion Bordeaux.
Die Statistik zeigt dass es dabei nicht bloss beim Import teurer Prestigeweine bleiben wird: China ist heute schon (hinter Spanien) das Land mit der zweitgrössten Rebfläche überhaupt, allerdings wird davon (noch) nicht alles zu Wein verarbeitet.

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Sour Grapes (2017). Sour Grapes ist vielleicht der bekannteste der fünf Tipps, da die Doku über längere Zeit bei Netflix im Programm enthalten war. Weil der Film spannend wie eine (wahre!) Kriminalgeschichte ist wollen wir an dieser Stelle nicht zu viel verraten - falls man Sour Grapes noch nicht gesehen hat. Es geht um Weinfälschungen, (teils sehr reiche oder prominente) Weinsammler und die alte Frage ob einige Leute einen Wein eher wegen der Etikette oder wegen dem Inhalt kaufen...und ob sie ihn dann wie eine Trophäe bzw. Wertanlage in den Keller stellen oder auch wirklich trinken. Damit ist die Geschichte aber noch nicht zu Ende: Was wenn man den teuren Wein endlich trinkt und es eine Fälschung ist? Oder will man das lieber gar nicht wissen und die unangenehme Wahrheit verdrängen? Spannend bis zum Schluss.

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Trilogie: A Year in Burgundy (2013),  A Year in Champagne (2014),  A Year in Port (2016). Ja, wir kommen endlich zum Champagner, schliesslich sind wir ja bei den Amis Champbernois ;-). 

Das gleiche Doku-Filmteam hat Winzer in drei sehr bekannten Weinregionen jeweils über ein ganzes Jahr begleitet. Daraus entstanden drei separate Dokus. Den Anfang machte das Burgund, danach die Champagne und schliesslich noch Porto. In allen Regionen bekamen die Filmemacher interessante Zutritte hinter die Kulissen. In der Champagne etwa waren es folgende Häuser und Winzer:
  • Bollinger
  • Gosset
  • Gonet-Médeville
  • Diebolt-Vallois
In kleineren Auftritten zudem Christian Coquillette (Champagne Saint-Chamant) und sein Sohn Stephane (der Weine unter eigenem Label anbietet).
Alle drei Dokumentarfilme sind sehenswert und der Entwicklung des Weins und dem alltäglichen Leben in einer Weinregion über ein ganzes Kalenderjahr hinweg gewidmet.

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PS: Alle fünf bzw. sieben Filmtipps sind auch in unserer neuen Rubrik "Coups de Coeur" im PDF-Format (3 Seiten, A4) zu finden.