Praxistipp I: Drei Stichworte für besseren Schaumweingenuss

Alter und Lagerung: Im Gegensatz zu vielen anderen Schaumweinen (zum Beispiel fruchtig-frischer Prosecco, aus Tankgärung hergestellt und meist zum raschen Genuss bestimmt) eignen sich Champagner teilweise gut zur Lagerung. Dies trifft vor allem auf Jahrgangschampagner oder Prestige Cuvées (siehe Glossar unten) zu. Champagner ohne Jahrgang ('NV') sind genussbereit sobald sie in den Verkauf kommen. Entscheidend für den Reifeverlauf ist das date de dégorgement (siehe Glossar).

Glaswahl: In heute oft noch dominierenden dünnen und langen “Flutes” kann ein hochwertiger Schaumwein sein Aroma nicht entfalten. Führende Produzenten, wie etwa Krug mit der Kampagne #noflute, empfehlen daher ein spezielles tulpenförmiges Glas oder (einfacher) ein handelsübliches Weissweinglas. Auch ein "Universal-Weinglas" von Anbietern wie Gabriel (Gabriel Glas) oder Zalto (Zalto Universal) eignet sich für Degustationen. Für lang gereifte Champagner existieren spezielle Glasreihen wie etwa Jamesse Prestige (Synergie 75) von Lehmann SA.

Temperatur: Hochwertiger Schaumwein kann etwas wärmer (bei 8-10 Grad, bei Champagnern mit komplexen Aromen bei 10 bis 12+ Grad) als einfache Schaumweine (dort wird oft 6-8 Grad empfohlen) genossen werden. Mit zunehmender Wärme und Luftzufuhr (serviert im richtigen Glas, siehe oben) kann sich ein hochwertiger Champagner oft weiter entfalten und neue Aromen offenbaren, langsam geniessen lohnt sich.

Praxistipp II: Wie öffne & serviere ich eine Flasche Champagner?

Die im Video gezeigte Methode ist effizient, das «Muselet» (Drahtkorb um den Korken) wird nur gelockert und nicht entfernt. Wichtig ist dabei den Korken immer gut festzuhalten und die Flasche vorher gut zu kühlen (sonst schäumt der Wein und ist auch zu warm für den Genuss).

Auch beim Einschenken kann man die Flasche um 45 Grad kippen und die Gläser anheben und ebenfalls schräg halten; dadurch ist der Verlust an CO² geringer, ein Überschäumen wird vermieden. Wichtig für das volle Genusserlebnis ist die richtige Glaswahl (keine schmalen Flutes).


Zehn Fragen und Antworten zum Thema Champagner 

1. Wo und wie wird Champagner hergestellt?
Wir verweisen als kurze Einführung auf ein externes YT-Video (auf Englisch). Ein zweites Video widmet sich Rebsorten und Varianten (weiss/rosé, mit/ohne Jahrgang...) und ein drittes ordnet die Champagne und ihre Subregionen geographisch im Nordwesten Frankreichs ein.
Mittlerweile anerkennen fast alle grösseren Länder (über 120) den geschützten Namen und die Appellation "Champagne" AOC im erwähnten Nordwesten Frankreichs an. Prominente Ausnahmen bleiben nur noch die USA (aus historischen Gründen), Russland sowie Argentinien.

2. Was beeinflusst das Aroma und den Geschmack eines Champagners?
Wir beantworten diese Frage anhand von 10 Themenblöcken (von der Traubenpressung bis zum Genuss des Weins viele Jahre später) im Detail:

Geschmack_Champagner_2021.pdf

3. Was zeigt oder verbirgt uns eine Champagner-Etikette? Warum sieht man meist keinen Jahrgang auf der Etikette?
Wir verweisen zur Einführung auf ein weiteres YT-Video (wiederum auf Englisch). 

Die meisten Champagner sind "Non-Vintage (NV)", auch als "sans année" bzw. "Multi-Vintage (MV)" bekannt. Auf dem Etikett dieser Weine ist kein einzelner Jahrgang vermerkt. Meist dominiert auch bei NV-Weinen ein Jahrgang. Diesen Grundwein bezeichnet man als Basis-Jahrgang welcher danach mit älteren Reserveweinen zur NV-Assemblage verschnitten wird. Siehe unter Frage 7. zum Gegenstück Jahrgangs-Champagner (mit Trauben aus einem einzelnen Jahrgang).

4. Wie kann ich das Alter und die Geschmacksreife eines jahrgangslosen Champagners herausfinden (oder immerhin schätzen)? Und warum ist dies aus Konsumentensicht so wichtig?
Wir beantworten diese Themen nebst damit verbundenen Erklärungen zum Thema Champagner-Etiketten (siehe auch oben, Frage 3.) im folgenden Dokument detailliert:

Champagner_Etiketten_2023.pdf

Wir haben die Informationen zur Vergleichbarkeit von Schaumweinen ohne Jahrgang ("NV") zudem im folgenden PDF auf einer einzigen Seite zusammengefasst. Warum sind/wären mehr und klarere Informationen auf Schaumweinflaschen für Konsumenten und Sommeliers wichtig?

Vergleichbarkeit_Schaumweine_ohne_Jahrgang_2023.pdf
5. Welche Regionen und Länder weltweit (ausserhalb der Champagne) stellen ebenfalls interessante/hochwertige Schaumweine her?
Folgende Weinanbaugebiete stellen ebenfalls flaschenvergorene Schaumweine her, dürfen diese aber nicht Champagner nennen:
6. Und wie sieht es in der Schweiz aus mit der Produktion von hochwertigem Schaumwein?
Auch in der Schweiz werden flaschengereifte Schaumweine hergestellt. Einige einheimische Produzenten blicken auf eine lange Tradition zurück, so etwa Mauler (seit 1829) und Bouvier Frères (seit 1811) in der Region um Neuenburg.
Wir haben 2022 eine vergleichende Blind-Degustation (gleiche Traubensorten, gleiche Dosage brut, gleiche Preiskategorien) zwischen Schweizer Schaumweinen und Champagnern durchgeführt.

7. Welches sind die besten Champagner-Jahrgänge aus den letzten Jahrzehnten?
Mengenmässig sind nur sehr wenige Champagner aus einem Jahrgang (auch als Millésime bekannt); dies ist ein grosser Unterschied zu Stillweinen weltweit, die fast immer aus einem einzelnen Jahrgang stammen. Die besten Champagner-Jahrgänge gemäss führenden Kritikern seit Ende der 70er-Jahre waren (auf einer Skala von 1-5): 

1979, 1982, 1988-1990 (wobei 1989 und 1990 eher "nur" mit ★★★★☆ eingeschätzt von einigen Experten), 1996, 2002 sowie 2008 alle mit der Höchstnote ★★★★★. 
Zudem die Jahrgänge 1995 und 2004 mit je ★★★★☆, beides sind oft unterschätzte Jahrgänge.

Neuere, sehr gute Jahrgänge ab 2010 sind: 2012 ★★★★★, 2013 ★★★★☆ sowie (2018 ★★★★☆), (2019 ★★★★★) und wohl auch (2020 ★★★★☆).
Die vielversprechende neue Trilogie von 2018-2020 ist zur Zeit nur in Klammern gesetzt/bewertet; hier ist noch keine definitive Einstufung möglich (zu jung, viele Jahrgangs-Champagner aus diesen drei Jahrgängen erscheinen erst zwischen 2025-2030+).

8. Eignen sich Champagner auch als Essensbegleiter?
Ja, oft wird diese Vielseitigkeit noch unterschätzt. Champagner (und andere hochwertige Schaumweine) können eine ganze Mahlzeit vom Amuse Bouche bis zum Dessert begleiten. Zu einem süssen Dessert eignen sich höher dosierte Schaumweine (also Dosage sec, demi-sec oder sogar doux) oft besser als brut-Schaumweine, da deren Säure zu dominant wirken kann in Verbindung mit Süssspeisen.

9. Wie (und wie lange) kann ich eine angebrochene Flasche Schaumwein konservieren?
Mit einem guten "Stopper" kann man einen geöffneten Schaumwein ein paar Stunden oder 1-2 Tage im Kühlschrank aufbewahren. Eine bis sogar einige Wochen versprechen neu entwickelte und teurere Systeme wie Zzysh oder Coravin für Schaumweine (letzteres sollte man nicht verwechseln mit dem bestehenden Coravin-System für Stillweine, durch die gleiche Firma entwickelt). In diesem YT-Video wird das Coravin-System für Schaumweine kurz vorgestellt.

10. Wo kann ich mehr über Wein und Schaumwein lernen (Kurse, Bücher...)?
Wer über diese Antworten hinaus mehr zum Thema Wein und Schaumwein lernen möchte findet hier weiterführende Links.

Kleines Champagner-Glossar

Das nachfolgende Champagner-Glossar (A-Z) und die Praxistipps sind ebenfalls als PDF (Format A4, quer) verfügbar:

Glossar_Champagner_2023.pdf

à la glace  Moderne Methode des Degorgierens. Die Flasche wird in eine Gefrierlösung getaucht. Beim Öffnen der Flasche wird der Hefepfropfen durch den Überdruck herausgeschleudert.

à la volée  Traditionelle Methode des Degorgierens, die heute selten angewendet wird. Der Hefepfropfen wird ohne Einfrieren und manuell entfernt, was höhere Verluste ergibt. 

Assemblage Das selektive Mischen, kunstvolle Kombinieren resp. Verschneiden von unterschiedlichen Weinen, zum Beispiel aus verschiedenen Jahrgängen, Rebsorten, Weinlagen, usw.

Autolyse  Durch die zweite Gärung bildet sich ein Hefesatz, der den Wein mit seinem Aroma bereichert. Dieses Aroma nennt man den autolytischen Charakter. Siehe Méthode champenoise.    


Biodynamische Methode Ökologischer Weinbau, der auf der Idee von Rudolf Steiner basiert. Sie berücksichtigt auch immaterielle Einflüsse, wie bspw. die Mondphasen.   

Blanc de blancs  Weisswein aus weissen Rebsorten (hier meist: Chardonnay). Siehe Rebsorten.
Blanc de noirs  Weisswein aus roten Rebsorten (hier: Pinot Noir oder Pinot Meunier).
 Siehe Rebsorten.
Brut Bezeichnung für einen Champagner mit einem Zuckergehalt von maximal 12 Gramm je Liter. Siehe Dosage.

Champagne AOC und Lagen Die drei Abstufungen der Champagne AOC umfassen Grand Cru (100%, 17 Gemeinden), Premier Cru (90 bis 99%, 44 Gemeinden) und danach alle weiteren Lagen der Champagne AOC mit einer tieferen Einstufung. Im Gegensatz zu vielen anderen Weingebieten weltweit umfasst dieses Bewertungssystem der Lagen jeweils ein ganzes Dorf und keine Einzellagen.
Chardonnay Eine der drei wichtigsten (ca. 30% der Anbaufläche) Rebsorten der Champagne, davon die einzige weisse Traube. Dominiert an der Côte des Blancs. Siehe Rebsorten.
Chef de cave Kellermeister. Bei Grossen Häusern kommt ihm (noch sehr wenige Frauen, oft Stelle auf Lebenszeit) eine entscheidende Rolle von Ernte über Assemblage bis Hefe- und Dosagewahl zu.

Date de dégorgement  Das Degorgierdatum markiert das Ende des Vinifizierungsprozesses und wird immer öfter auf der (Rück-)Etikette vermerkt. Es hilft Konsumenten (insbesondere bei Champagnern ohne Jahrgang, siehe Non-Vintage) das ungefähre Alter und die Geschmacksreife eines Schaumweins zu bestimmen. Oft lagert ein Champagner danach noch einige Monate bevor er in den Verkauf kommt.
Dégorgement   Prozess nach dem Rütteln, bei dem das Depot, das hauptsächlich aus abgestorbenen Hefen besteht, aus der Flasche entfernt wird. Mitentscheidend für den Geschmack eines Champagners ist nebst der Dauer der Hefelagerung (siehe Autolyse) das Degorgierdatum (siehe date de dégorgement). Je länger dieses beim Konsum zurückliegt, umso reifer ist der Schaumwein.
Dosage  Zugabe einer Zuckerlösung. Man unterscheidet zwischen Füll- (zur Einleitung der zweiten Gärung) und Versanddosage (nach dem Degorgieren). Eine Versanddosage zwischen 0-3 g/l wird als brut nature, 3-6 g/l extra brut, 6-12 g/l brut, 12-17 g/l extra dry, 17-32 g/l sec, 32-50 g/l demi-sec und >50 g/l als doux bezeichnet. Vereinfacht wird eine Dosage von 0-12 g/l oft als brut bezeichnet. 
Historisch hatten Champagner im Durchschnitt eine sehr viel höhere Versanddosage als heute.

Dosage zéro (brut nature) Auch pas dosé genannt; dieser Begriff steht für sehr trockene Champagner, denen keine Versanddosage zugefügt wurde.

Genossenschaften (CM)  Grosse und kleine Genossenschaften mit eigener Marke welche die Trauben ihrer Mitglieder verarbeiten. Etikettencode CM (Coopérative-Manipulant). Etwa Nicolas Feuillatte.

Grosse Marken / Häuser (NM)  Das NM (Négociant-Manipulant) auf dem Etikett weist meistens auf ein grosses Haus hin. Die Trauben sind dabei mehrheitlich zugekauft und dürfen aus der gesamten 
Champagne AOC stammen. Es gibt insgesamt ca. 350 solcher Häuser (maisons), einige davon sind in Besitz von Luxus-Konzernen (bspw. Moët-Chandon als Teil von LVMH), 
andere hingegen sind immer noch in Familienbesitz (etwa Bollinger). 

Gyropaletten  Das Rütteln der Flaschen erfolgt heute kaum noch manuell, sondern durch sogenannte Gyropaletten. Metallpaletten, die computergesteuert bewegt werden.

Jahrgangschampagner Auch Millésime. Stammen die Grundweine für einen Champagner aus einem einzigen Jahrgang und kommt der Champagner frühestens nach drei Jahren in den Verkauf, dann 
darf der Jahrgang auf der Etikette vermerkt werden. Mengenmässig sind nur wenige (ca. <10%) aller Champagner mit Jahrgang; dies ist ein grosser Unterschied zu Stillweinen weltweit. Siehe Non-Vintage.


Malolaktische Gärung Auch biologischer Säureabbau (BSA); bei diesem optionalem Vorgang wird die aggressive Apfelsäure in die mildere Milchsäure umgewandelt. 
Einige Hersteller verzichten bewusst darauf.
Méthode champenoise Champagnermethode, Flaschengärverfahren bei Schaumweinen, wobei die zweite Gärung in der Flasche erfolgt. Ausserhalb der Champagne als Méthode traditionnelle bekannt.

Non-Vintage (NV) / sans année oder auch Multi-Vintage. Bezeichnet einen Wein ohne Jahrgang. Die meisten Champagner werden so hergestellt. Auf dem Etikett ist kein einzelner Jahrgang vermerkt. Meist dominiert auch bei NV-Weinen ein Jahrgang. Diesen Grundwein bezeichnet man als Basis-Jahrgang welcher danach mit älteren Reserveweinen zur NV-Assemblage verschnitten wird. Siehe Assemblage.


Pinot Meunier  Die der Anbaufläche nach zweitwichtigste Rebsorte (ca. 31% der Anbaufläche) der Champagne. Auch als Schwarzriesling bekannt. 

Pinot Noir  Die der Anbaufläche nach wichtigste Rebsorte (ca. 38% der Anbaufläche) der Champagne, eine rote Sorte, die auch als Spät- oder Blauburgunder bekannt ist. 

Prestige Cuvée  Bezeichnung für den Spitzenchampagner eines Produzenten. Er wird aus guten Jahrgängen und aus besten Weinlagen erzeugt und meist sehr lange auf der Hefe gelagert.

Rebsorten der Champagne  Neben Pinot Noir, Pinot Meunier und Chardonnay, welche die Champagne zu etwa 99% dominieren, sind auch Arban(n)e, Petit Meslier, Pinot gris (in der Champagne teils Fromenteau genannt) und Pinot blanc zugelassen.

Remuage  Vorgang des Rüttelns und Drehens der Champagnerflasche, damit sich das Hefedepot am Flaschenhals sammelt. Siehe Gyropaletten. 

Rosé  Champagner mit Rottönungen, entweder erzeugt durch kurze Mazeration roter Trauben (Rosé de saignée) oder durch Zugabe von Rotwein zu einem weissen Grundwein.

Tête de Cuvée / Cuvée  Most bester Qualität aus dem ersten Pressvorgang (80% der Menge). Danach folgt die Taille (20%). Für hochwertige Champagner wird nur Most aus dieser ersten Pressung verwendet.
Tirage  Bezeichnung für den Prozess, bei dem der Wein aus dem Tank oder dem Fass genommen wird und zur zweiten Gärung auf die Flasche gefüllt wird. 


Winzerchampagner (RM)  Meist Familienbetriebe, die Champagner aus eigenen Trauben erzeugen. Stilistisch oft eigenwilliger als die (Basis-)Champagner grosser Handelshäuser. Der Etikettencode lautet RM
 (Récoltant-Manipulant). Winzer haben in den letzten Jahrzehnten oft Trends angestossen (wie etwa mehr Angaben auf dem Etikett, Verzicht auf Zuchthefe oder Dosage, Biodynamie...).